Mensch*innen

Warum ist dieser Blog für Mensch*innen? Was hat das mit Ordnung, Sicherheit und Angst zu tun? Und Vielfalt?

Ordnung ist das halbe Leben. Nicht das ganze, aber immerhin das halbe. Das Leben mit all seinen Facetten ist komplex und um nicht ganz verrückt zu werden, funktioniert unser Gehirn durch die Bildung von Mustern, Schemata, Reihenfolgen und Anordnungen. Für unser Zusammenleben stellen wir Regeln auf und Vorschriften und versuchen so das Leben in einen aufgeräumten, organisierten Zustand zu bringen. 

Dem gegenüber steht das Chaos, die Unordnung. Inwieweit wir mit Chaos zurechtkommen ist individuell und auch kulturell unterschiedlich und hängt sicherlich auch von der Situation und Tagesform ab. Wenn ich zum Beispiel sehr gestresst bin, muss ich zumindest meine Wohnung ordentlich halten, ich bin dann sehr penibel. So habe ich wenigstens eine Sache im Griff und das gibt mir wiederum das Gefühl auch im Kopf aufgeräumt zu sein. Wirkt nicht unbedingt der Aufschieberitis entgegen, ist mir aber egal. Ordnung muss sein. Geht es noch deutscher?

Ein geordneter Zustand kann uns ein sicheres Gefühl beschaffen. Sicherheit wiederum ist bekanntlich ein Grundbedürfnis des Menschen. Wir brauchen eine sichere Unterkunft, eine möglichst stabile Gesundheit, Schutz vor Gefahren und eben auch Ordnung. In Abwesenheit von Ordnung und Sicherheit können als Folge Angst oder ein Bedrohungsgefühl entstehen. Etwa die Angst vor körperlichen oder seelischen Verletzungen oder aber Angst vor einem Angriff auf das Selbstbild

Die einfachste Art eine Ordnung aufzustellen, ist binär vorzugehen, also die Unterscheidung in lediglich zwei Kategorien. Die Unterscheidung von Tag und Nacht und heiß und kalt zum Beispiel. Wenn du diese Unterscheidungen benutzt, wirst Du von den meisten Menschen schon einmal verstanden. 

Bei genauerer Betrachtung gibt es aber Unterkategorien. Der Tag lässt sich weiter unterteilen in Morgen, Vormittag, Mittag, Nachmittag, Feierabend, Abend, Du-hättest-vor einer-Stunde-im-Bett-sein-wollen und Nacht. Temperaturen lassen sich weiter untergliedern in heiß, warm, kalt oder eisekalt. Wenn die schlauen Äffchen unter uns dann noch eine numerische Skala benutzen, bewegen wir uns auf einem Spektrum. Juhu!

Die Fähigkeit mit komplexeren Gegebenheiten klarzukommen, steigert sich im Normalfall mit dem Heranwachsen. Kleinkinder lernen so zumeist erst die vier Grundfarben kennen und starten gewöhnlich nicht mit Apricot und Petrol. 

Was hat das mit Gender zu tun? 

Erstmal ein bisschen Theorie:

Sex und Gender

Im Englischen wird zwischen den Begriffen Sex und Gender unterschieden, respektive das biologische Geschlecht und das soziale Geschlecht im Deutschen. Demnach gäbe es ein angeborenes und ein erworbenes Geschlecht (Schaufler, 2002).
Biologische Unterschiede schließen Unterschiede in Bezug auf die Anatomie, Hormone und Funktionen bei der Fortpflanzung ein. 
Das soziale Geschlecht oder auch die Geschlechterrolle ist ein psychologisches Konstrukt und meint erlernte Verhaltensweisen und Haltungen, die sich auf das jeweilige Geschlecht beziehen. Dabei spielt die jeweilige Kultur auch hier einen entscheidenden Faktor, der bedingt, wie weit Genderunterschiede prägnant gelebt werden oder eben inwieweit genderneutrales Verhalten akzeptiert wird (Gerrig & Zimbardo, 2008).
Mit dem Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben wurde am 31. Dezember 2018 auch die Geschlechtsbezeichnung divers in Deutschland eingeführt. Das Gesetz soll Menschen, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht eindeutig zuzuordnen sind, also als intersexuell bezeichnet werden, die Möglichkeit geben, dies im Geburtenregister verzeichnen zu lassen (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, 2019). 

Sexualität bedeutet nicht zwangsläufig Zeugung und – die Uroma muss sich jetzt die Ohren zu halten – die involvierten Personen sind nicht immer unterschiedlichen Geschlechts. Bei Sexualität kann es neben Verhaltensweisen um Emotionen gehen, um Liebe. Es gibt vielfältige sexuelle Orientierungen. Folgend eine alphabetische Liste einiger beispielhafter sexueller Orientierungenkurz erklärt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Immer wenn ihr das Sternchen seht, wisst ihr, dass hier alle Geschlechter (m/w/d) gemeint sind:

  • Androsexuell: Ein Mensch* mag überwiegend Männer / Menschen* mit maskulinen Attributen. 
  • Asexuell: Ein Mensch* hat kein oder nur wenig sexuelles Interesse an einem anderen Menschen*. Meistens geht es dabei nur um die körperliche Komponente, verlieben und binden geht trotzdem. 
  • Autosexuell: Ein Mensch* mag bevorzugt sich selbst.
  • Bisexuell / ambisexuell: Ein Mensch* mag sowohl Frauen als auch Männer. 
  • Demisexuell: Ein Mensch* kann einen anderen Menschen* nur mögen, wenn eine starke emotionale Bindung besteht. 
  • Fetischistische Sexualität: Ein Mensch* bezieht bei der sexuellen Handlung mit (einem) anderen Mensch(en)* gerne bestimmte Gegenstände oder bestimmte Handlungen ein.
  • Gynosexuell: Ein Mensch* mag überwiegend Frauen / Menschen* mit femininen Attributen. 
  • Heterosexuell: Ein Mensch* mag ausschließlich oder überwiegend Menschen* des binär (m/w) anderen Geschlechts. 
  • Homosexuell: Ein Mensch* mag ausschließlich oder überwiegend Menschen* des binär (m/w) gleichen Geschlechts.
  • Lesbisch: Eine Frau mag Frauen. 
  • Schwul: Ein Mann mag Männer.
  • Pansexuell / omnisexuell: Ein Mensch* kann potentiell alle Menschen* mögen, m/w/d.
  • Sapiosexuell: Ein Mensch* mag bei einem anderen Menschen* besonders seinen Intellekt oder seine besondere Denkart. 

Über die sexuelle Orientierung hinaus geht die sexuelle Identität und meint, wie sich ein Mensch* hier selbst definiert. Folgend auch hier eine alphabetische Liste einiger beispielhafter sexueller Identitäten kurz erklärt. Auch diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit! 

  • Cisgender: Ein Mensch* identifiziert sich mit dem biologischen Geschlecht, mit dem er geboren wurde.  
  • Intersexuell: Ein Mensch* hat biologische Geschlechtsmerkmale (wie Genitalien, Chromosomen), die nicht eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden können. 
  • Queer: Alles, was von der gesellschaftlichen Cisgender-Heterosexualität abweicht.
  • Transgender: Ein Mensch* weist eine andersgeschlechtliche oder geschlechtsneutrale Geschlechtsidentität oder Rollenverhalten auf. 
  • Transsexuell: Ein Mensch* hat das Gefühl im falschen Körper gelandet zu sein und möchte sein Geschlecht wechseln. Eventuell wird eine Geschlechtsanpassung durch Hormontherapie und Operation durchgeführt, was aber keine Voraussetzung ist, um transsexuell zu sein.
  • Transvestitismus: Ein Mensch* bevorzugt es Kleidung eines anderen Geschlechts zu tragen. 

Ich muss gestehen, dass ich beim Schlaumachen für beide Listen manchmal zwei Mal lesen musste, da ich zwar fast alle Begriffe kannte, aber nicht immer korrekt voreinander abgrenzen konnte. Ich hoffe, der Beitrag ist verständlich und viel wichtiger: gendersensibel und inklusiv genug. Sollte das an einer Stelle nicht der Fall sein, gib mir bitte Feedback, sodass ich die Chance habe zu lernen und mich zu korrigieren. Auch wenn Du denkst, dass ein wichtiger Aspekt fehlt, lass es mich bitte wissen. 

So glaube ich, dass ich nicht alle Farben der Erde kennen und benennen muss und letztlich ist Ordnung eben auch nur das halbe Leben. Aber mir ist wichtig, dass ich und meine direkte Umwelt anerkennen, dass es eine große Vielfalt an Farben gibt, an Nuancen, die die Welt doch erst richtig schön machen. 

Der Beitrag hatte drei Ziele: 

  1. Interessierte Leser haben vielleicht auch noch eine neue Farbe kennengelernt. 
  2. Leser, die wie ich, fassungslos und aufgebracht sind, wenn sie aktiv oder passiv aggressiven Wutbürgern begegnen, soll ein klein wenig Trost angeboten werden. Diese Menschen, die ich meine, fühlen sich von Vielfalt bedroht. Sie haben Angst vor einem Angriff auf ihr mühsam gezimmertes Selbstbild. Ihr Weltbild ist stark limitiert und vereinfacht, aus Mangel an der Fähigkeit Komplexität zu verarbeiten. Die so auch beispielsweise gerne argumentieren, Kinder dürften nicht in Regenbogenfamilien geboren werden. Ob im Geiste oder verbal, kann da ganz bestimmt entgegnet werden: Kinder erleben ihre Umwelt in den Farben, die sich ihnen bieten. Die bekommen keinen Nervenzusammenbruch und bleibende Schäden, wenn sie in einem Petrol-Haushalt oder in einer Apricot-Familie aufwachsen. Vielleicht können sie anfangs nicht alle Farben beim richtigen, politisch korrekten Namen nennen, aber Kinder mögen Farben und sind wissbegierig und bereit zu lernen.
  3. Nun wisst ihr, warum mein Blog für Mensch*innen ist.

LiebeLiebe,

Theresa

Literaturverzeichnis

Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. (11. Dezember 2019). Von Zusätzliche Geschlechtsbezeichnung „divers“ für Intersexuelle eingeführt: https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/12/drittes-geschlecht.html abgerufen

Gerrig, R. J., & Zimbardo, P. G. (2008). Psychologie. München: Pearson Studium.

Schaufler, B. (2002). „Schöne Frauen – Starke Männer“ Zur Konstruktion von Leib, Körper und Geschlecht.Opladen: Leske + Budrich.

Wikipedia. (November 2020). Von Sexuelle Orientierung: https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_Orientierung abgerufen

Wikipedia. (November 2020). Von Sexuelle Identität: https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_Identität abgerufen

Wunderweib. (November 2020). Von Sexuelle Orientierung: Welche Sexualitäten gibt es? Von asexuell bis pansexuell: https://www.wunderweib.de/sexuelle-orientierung-von-asexuell-bis-pansexuell-12849.html abgerufen