Lachen ist gesund und dennoch steht uns nicht immer der Sinn danach. Dieser Beitrag gibt eine kleine Einführung in den Zusammenhang von Gesichtsausdrücken und Emotionen und reflektiert die Frage, warum es das Phänomen „Lach doch mal“ gibt – erstmal ganz neutral, ohne dabei einzubeziehen, dass es meistens Männer sind, die Frauen auffordern zu lachen. Das gibt es dann in Teil 2.
Gesichtsausdrücke und Emotionen
Darwin war der erste Forscher, der bei Menschen universelle Gesichtsausdrücke beobachtete. Paul Ekmann ist der führende Forscher für Emotionen und Gesichtsausdrücke und stützt diese These. So gibt es sieben Grundemotionen, die universell und kulturübergreifend seien und denen jeweils ein Gesichtsausdruck zugeordnet werden kann. Diese Grundemotionen sind: Freude, Überraschung, Ärger, Ekel, Furcht, Trauer und Verachtung. Die meisten Menschen sind in der Lage, die jeweiligen Gesichtsausdrücke der richtigen Emotion zuzuordnen (Gerrig & Zimbardo, 2008).
Funktionen von Emotionen
Emotionen steuern und regulieren unter anderem das soziale Miteinander. Eine ausgedrückte Emotion löst beim Gegenüber etwas aus. Wir fühlen uns eingeladen oder machen lieber einen Bogen um die Person – je nach emotionaler Großwetterlage. Ich glaube, dass wir nicht an einem Menschen vorbei gehen können, ohne zumindest für Bruchteile einer Sekunde und unbewusst den Gesichtsausdruck, die Haltung der uns entgegenkommenden Passanten zu analysieren. Das kommt wohl aus der Evolution – Bist Du fröhlich und lässt mich in Ruhe Beeren sammeln? Oder bist Du sauer und willst mir eine Keule über den Kopf ziehen?
Gesichtsausdruck ohne Emotion? Emotion ohne Gesichtsausdruck?
Der Mensch ist jedoch keine Maschine, der eine 1:1-Kodierung von Gesichtsausdruck zu Emotion zugrunde liegt. Folgend vier Gründe, die die Sache verkomplizieren und die Garantie nehmen, dass wir eine Person anschauen und am Gesicht ablesen können, wie es ihr geht.
- Manchmal gibt es eine Art Affektmischung (Aronson, Wilson, & Akert, 2014), bei der beispielsweise die Augenpartie etwas anderes ausdrückt, als die Mundpartie. Hier mischen sich verschiedene Emotionen, die das Ablesen erschweren können.
- Es soll wohl auch neutrale, unbewusste Gesichtsausdrücke geben, durch Erschöpfung etwa oder Konzentration.
- Manchmal steuern wir aber auch bewusst unseren Gesichtsausdruck, um eine bestimmte Emotion vorzugeben. Wir wollen unser Gesicht wahren oder eine intime Emotion nicht preisgeben. Das kann eine Verhandlungstaktik sein, mit Pokerface oder aber ein Selbstschutz.
- Neurologische und muskuläre Erkrankungen, die beispielsweise zu einer temporären oder dauerhaften Lähmung von Gesichtsmuskeln führen. Ein Beispiel dafür ist die Folge eines Schlaganfalls. Ein anderes ist die chronische Muskelerkrankung FSHD (Fazioskapulohumerale Muskeldystrophie), die bei manchen Patienten dazu führt, dass durch eine Schwäche der mimischen Muskulatur das Lächeln erschwert oder unmöglich wird und die Betroffenen manchmal ernst aussehen, obwohl sie gar nicht ernst sind.
Warum gibt es dann aber das Phänomen „Lach doch mal“? Und warum dann nicht auch „Wein doch mal“?
Lach doch mal… Schau doch nicht so ernst…Theresa..! Lachen!
Boah, wie mich das schon immer genervt hat! In der Schule, in der Uni, im Büro, von Kellnern, von Fremden auf der Straße! Warum? Warum? Warum soll ich jetzt lachen? Du bist gar nicht lustig! Vielleicht meinst Du, ich solle lächeln? Aber warum?
Wenn ich das Thema rein wohlwollend betrachte, so komme ich vielleicht zu folgender Botschaft, die hinter der Aufforderung zu lachen oder eigentlich zu lächeln steht. Bei meinem Gegenüber wirkt eventuell etwas wie der folgende unbewusste Vorgang:
- „Ich habe Dich da sitzen sehen und Du siehst sauer/ angewidert/ ängstlich/ traurig/ bedrückt aus. Auf jeden Fall siehst Du nicht fröhlich/ glücklich/ zufrieden aus.
- Das erzeugt bei mir wiederum aus irgendwelchen Gründen ein Gefühl von Wut/ Ekel/ Angst/ Unsicherheit/ Traurigkeit/ Erstaunen und/oder Mitgefühl.
- Da wir eine Art von loser oder fester Beziehung haben, möchte ich Deine offenbar negativen Gefühle, die ich an Deinem Gesichtsausdruck fest mache, in positive Gefühle verändern.
- Daher fordere ich Dich nun zum Lachen / Lächeln auf, in der Hoffnung, dass es Dir dann besser geht.“
Das nennt man dann den Versuch aufzumuntern und trifft bestimmt auch oft zu! Ich denke, hier ist die Frage nach der Tiefe der Beziehung aber wichtig. Es gibt noch eine nicht so wohlwollende Alternative. Vorgänge 1. bis 3. wie oben beschrieben, statt 4. wie oben dann aber:
- Daher fordere ich Dich nun zum Lachen / Lächeln auf, in der Hoffnung, dass es mir dann besser geht, denn Dein Gesichtsausdruck erzeugt bei mir Unbehagen.“
Wie ich es aber auch betrachte und herleite, bei mir fühlt es sich in den meisten Fällen übergriffig an. Dieses Gefühl steigt auf einer Skala, je fremder die Person ist, von der die Aufforderung kommt. Als ich mich gefragt habe, warum es nie die Aufforderung „Wein doch mal!“ gibt, kam ich auf zwei Antworten. Die erste dreht sich um Zwangsoptimismus. Es muss immer etwas Positives an einer Sache gefunden werden und „negative“ Gefühle, wie Wut, Trauer, usw. sind schlecht und es gilt diese (besonders öffentlich) zu vermeiden. Darum bitte lächeln. Die zweite Antwort gibt es im Teil 2 zu diesem Beitrag, in dem es um die Frage geht, was „Lach doch mal“ mit Feminismus zu tun hat und warum es irgendwie meistens Frauen sind, die von Männern aufgefordert werden, mal zu lachen.
See you!
Theresa
Literaturverzeichnis
Aronson, E., Wilson, T., & Akert, R. (2014). Sozialpsychologie. Hallbergmoos: Pearson Deutschland GmbH.
Gerrig, R. J., & Zimbardo, P. G. (2008). Psychologie. München: Pearson Studium.